Ein Schild "Europol" ist am Gebäude von Europol zu sehen.
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Interview - Düpont (CDU) zu Europol-Bericht: Erstes umfassendes Lagebild

Laut Europol sind mehr als 800 schwerkriminelle Netzwerke in der EU aktiv. Zum ersten Mal hat die europäische Polizeibehörde die Netzwerke des organisierten Verbrechens auf Grundlage von umfassenden Daten analysiert. Die Europaabgeordnete Lena Düpont (CDU) sagt, man müsse die Bekämpfung grenzüberschreitend angehen.

Drogenhandel, Betrug, Diebstahl, Schleuserkriminalität: Vor allem in diesen Bereichen sind organisierte kriminelle Banden in der EU aktiv. In einem Bericht der europäischen Polizeibehörde Europol ist die Rede von 821 schwerkriminellen Netzwerken mit mehr als 25 000 Mitgliedern. Die Europaabgeordnete Lena Düpont (CDU) betont, wie wichtig es sei, dass nun zum ersten Mal ein umfassendes Lagebild zu dem Thema entstanden sei.

"Das neue, das Besondere an diesem Lagebild ist, dass nicht nur alle Mitgliedstaaten dazu beigetragen haben, sondern auch Drittstaaten Daten zugeliefert haben", sagt die Politikerin, die die Vizekoordinatorin der EVP-Fraktion für den Innenausschuss ist. Der Fokus liege auf den Strukturen, die hinter der Kriminalität steckten. Durch das Lagebild könne nun eine Priorisierung der Ressourcen vorgenommen werden.

Düpont (CDU): "Ein sehr multinationales Geschäft"

 

Europol benötige mehr Ressourcen und mehr Personal, so Düpont. Zudem müsse man diskutieren, inwieweit die EU-Behörde mehr operative Fähigkeiten bekommen sollte, um selbst ermitteln zu können, wenn es um grenzübergreifende Kriminalität geht. Wichtig sei auch, dass die Mitgliedstaaten auf EU-Ebene angegangene Reformen in nationales Recht und in die Praxis umsetzen. Dabei gehe es etwa um die Bekämpfung von Geldwäsche und den Informationsaustausch der Behörden.

Es müsse der Fokus darauf gesetzt werden, "dass es ein sehr multinationales Geschäft im wahrsten Sinne des Wortes ist und wir uns dementsprechend auch grenzüberschreitend darauf konzentrieren müssen". Bei der Zusammenarbeit seien schon gute Schritte vorwärts unternommen worden, "aber wir sind bei weitem noch nicht da, wo ich uns gerne hätte", so die CDU-Politikerin. "Der Schlüssel dabei ist schlicht und ergreifend Informationsaustausch, Kooperation und Ressourcen."

Hintergrund

Europol identifiziert 821 kriminelle Netzwerke in Europa

821 schwerkriminelle Netzwerke sind nach einem Bericht von Europol in der EU aktiv und bedrohen Bürger und Rechtsstaat. Diese Banden mit mehr als 25 000 Mitgliedern seien hochprofessionell und skrupellos, heißt es in dem am Freitag in Den Haag und Brüssel vorgelegten Bericht zum organisierten Verbrechen.

Das Hauptgeschäft ist der Analyse zufolge der Drogenhandel. Jedes zweite Netzwerk sei darin verwickelt, vorwiegend gehe es um Kokain, aber auch um synthetische Drogen und Cannabis. Weitere Verbrechen sind Betrug, Einbrüche und Diebstahl, Menschenhandel sowie Schmuggel von Migranten.

Zum ersten Mal identifizierte Europol diese Netzwerke und analysierte ihre Arbeitsweise und Organisationsstruktur auf der Grundlage von Daten aus allen EU-Mitgliedstaaten sowie einiger anderer Partnerländer. "Wir wissen, wer sie sind, wie sie organisiert sind, wie sie ihr Geld verdienen, mit wem sie zusammenarbeiten", sagte Europol-Chefin Catherine De Bolle. Die Analyse sei ein wichtiges Instrument für Ermittler im Kampf gegen das organisierte Verbrechen.

Es seien hochprofessionelle und international operierende Organisationen. Sie seien flexibel, kontrollierend und zerstörerisch, heißt es weiter in dem Bericht. "Sie operieren nicht in einer isolierten kriminellen Unterwelt, sondern haben direkte Einwirkung auf das Leben der EU-Bürger."