"Brockenkönig"-Pokal
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100 Sekunden Leben - Der Brockenkönig dankt ab

Das Frühjahr naht und unser Kolumnist räumt denn auch schon kräftig auf. Sein Problem bei der Entrümpelungsaktion: Er kann sich nur schwer von seinem Siegerpokal trennen. Von Thomas Hollmann

Die Frau von der BSR-Hotline sagte, ich kann den Pokal einfach in den Hausmüll werfen. Aber das will ich nicht. Ich will nicht meinen einzigen Siegerpokal, den ich jemals gewonnen habe, in dieselbe Tonne tun, in der die Nachbarin die Tüte mit dem Katzenstreu wirft. Das ist irgendwie - unwürdig.

Also bin ich hin zum Recyclinghof. "Altmetall", wies mich der Mann an der Schranke an. "Aber der Standfuß ist aus Speckstein", gab ich zu bedenken und wollte wissen, ob ich den Fuß abschrauben und separat entsorgen soll. Wegen seiner könne ich abschrauben, was ich wolle, solange ich ihm nicht weiter auf die Nerven gehe. Da war ich beleidigt und bin zurück nach Hause. Ich hatte eh kein Werkzeug dabei.

Der Pokal steht jetzt wieder im Keller auf der Kiste. Denn ins Bücherregal passt er nicht, weil er dafür zu hoch ist. Vor allem soll der Pokal dort aber auch gar nicht stehen, wurde mir seinerzeit kategroisch beschieden. Im Keller aber sieht ihn niemand. Da kann ich ihn auch entsorgen, hatte ich mir gedacht. Weil doch bald Frühling ist - und der Pokal eh nur aus Blech.

Gewonnen hatte ich die zu groß geratene Bierdose nur deshalb, weil es an dem Septembersonntag bitterkalt war und es aus Kübeln schüttete und die anderen Rennradkollegen deshalb im Bett geblieben waren. Weil ich aber schon den Abend vorher nach Schierke gekommen war und eh nass werden würde, weil ich mit dem Rad zurück zum Bahnhof musste, konnte ich auch kurz den Brocken hochfahren. Und als ich triefend und zitternd wieder unten ankam, drückte man mir die Trophäe in die Hand. "Brockenkönig 2015 – Altersklasse über 50 Jahre", steht auf dem Fuß.

Das hatte ich ganz vergessen, dass ich demnächst mein zehnjähriges Thronjubiläum habe. Das muss gefeiert werden. Der Frühling ist mir sowieso viel zu ordnungsversessen.

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100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.