Ein Halbmond am Abendhimmel
picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski
Bild: picture alliance / Daniel Kubirski | Daniel Kubirski Download (mp3, 2 MB)

100 Sekunden Leben - Mondzeit - zu viel Relativitätstheorie auf einmal

Nicht genug damit, dass wir die Sommerzeit und die Winterzeit haben - demnächst bekommen wir auch noch die Mondzeit. Die US-Regierung hat die Nasa beauftragt, eine solche Zeit festzulegen, weil auf unserem Trabanten die Uhren anders ticken. Für unseren Kolumnisten Thomas Hollmann ist das zu viel Relativitätstheorie auf einmal.

Vielleicht hätte Einstein nicht so viel nachdenken sollen. Dann wäre die Welt zwar weniger relativ, dafür einfacher. Weil niemand wüsste, dass die Uhren auf dem Mond vorgehen. 58,7 Mikrosekunden pro Tag, sagen die amtlichen Zeitnehmer. 58,7 Mikrosekunden, das entspricht 58,7 Millionstel einer Sekunde.

Nun war ich nie gut in Mathematik. Aber wenn ich mich nicht total verrechnet habe, hinken wir dem Mond aufs Jahr betrachtet keine halbe Sekunde hinterher, sondern weit weniger. Und diese Zeit kann das eine Raumschiff nicht auf das andere warten?

Emanzipation des Mondes

 

Möglicherweise sind diese Weltraumleute einfach nur Pedanten, die es geil finden, wenn eine Zahl tausend Stellen hinterm Komma hat. Oder aber die US-Regierung will wiedergutmachen, dass der Mond sklavisch hinter der Erde herfliegen muss und kein selbstbestimmtes Leben führen kann. Da wäre eine eigene Zeit ein erster Schritt der Emanzipation. Könnte man meinen.

Tatsächlich aber bekommt der Mond nur deshalb seine autonom tickende Atomuhr, damit wir Erdbewohner uns nicht in die Quere kommen, wenn jetzt auch noch die Chinesen und die Inder und die Japaner dorthin jetten. Und dazu auch noch all die irren Milliardäre. Da ist der Wunsch nach einem mikrosekündlichen Sicherheitsstandard beinahe verständlich.

Mond geht immer weiter vor

 

Wobei mir ein Rätsel ist, warum der Mond plötzlich wieder hip und the place to be ist. Ich meine, da hat sich seit den 70ern doch nichts verändert. Außer natürlich, dass der Mond seitdem immer weiter vorgeht.

Auch auf rbb24inforadio.de

100 Sekunden Leben
rbb

100 Sekunden Leben

Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.